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Eislinger Familientragödie - Staatsanwaltschaft Ulm erhebt Anklage wegen vierfachen heimtückischen Mordes aus Habgier und gemeinschaftlichen Diebstahls

Datum: 31.07.2009

Kurzbeschreibung: 

Eislinger Familientragödie - Staatsanwaltschaft Ulm erhebt Anklage wegen

vierfachen heimtückischen Mordes aus Habgier und gemeinschaftlichen Diebstahls

 

Ulm. Eislingen

 

Gegen den 18 Jahre alten Sohn und Bruder der in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag diesen Jahres in Eislingen getöteten Familie (Eltern und zwei Schwestern) und dessen 19 Jahre alten Freund hat die Staatsanwaltschaft Ulm Anklage wegen zwei Fällen des jeweils zweifachen gemeinschaftlichen Mordes sowie diverser Diebstahlstaten zur Jugendkammer des Landgerichts Ulm erhoben.

 

Die Anklagebehörde wirft den beiden Heranwachsenden vor, am 9. April 2009 (Gründonnerstag) gegen 22 Uhr im Haus der Familie des 18-Jährigen gemeinschaftlich und arbeitsteilig zunächst die beiden 22 und 24 Jahre alten Schwestern mit neun bzw. zehn Schüssen getötet zu haben. Nach Rückkehr von einem Gaststättenbesuch, bei dem sie noch mit den beiden Eltern zusammen gewesen seien, sollen sie – wiederum gemeinschaftlich und arbeitsteilig – zunächst mit acht Schüssen den 57 Jahre alten Vater, danach mit drei Schüssen die Mutter getötet haben.

 

Bei ihren Taten haben – so der Anklagevorwurf – die beiden Angeschuldigten Plastikflaschen als Schalldämpfer benutzt. Die Patronenhülsen sollen die beiden Heranwachsenden jeweils nach den Taten sorgsam eingesammelt und später zusammen mit den beiden Tatwaffen, zwei Kleinkaliberpistolen der Marken „Hämmerli“ und „Ruger“, Kaliber .22 long rifle, in einem vorbereiteten Erddepot in einem Wald zwischen Eislingen und Salach versteckt haben. Dieses Versteck wurde auf einen Hinweis des 19-Jährigen hin entdeckt. Aufgrund sichergestellter DNA-Spuren und der durchgeführten kriminaltechnischen Untersuchungen ordnet die Staatsanwaltschaft die Pistole der Marke „Hämmerli“ dem 18-Jährigen, die Pistole der Marke „Ruger“ seinem 19-jährigen Mitangeschuldigten zu.

 

Da ihre Opfer nicht mit einem tödlichem Angriff rechneten und somit arg- und wehrlos waren, geht die Staatsanwaltschaft Ulm jeweils vom Mordmerkmal der Heimtücke aus. Die Taten dürften zudem aber auch durch Habgier geprägt gewesen sein. 

 

Der 18-Jährige soll in zurückliegender Zeit bereits mit dem Gedanken gespielt haben, sein Elternhaus zu verlassen. Aus Angst vor wirtschaftlicher Unsicherheit habe er davon jedoch abgesehen. Als ihm im Februar 2009 Vollmacht für ein Konto seiner Mutter bei einer Schweizer Bank erteilt wurde, habe er die Idee entwickelt, seine Eltern und seine Schwestern zu töten, um als Alleinerbe sowie allein Verfügungsberechtigter das sechsstellige Guthaben an sich zu bringen. Sein 19-jähriger Freund sollte auch davon profitieren; im Hinblick darauf hatte dieser bereits eine entsprechende „Wunschliste“ erstellt.

 

Möglicherweise fühlte sich der 18-Jährige im Vergleich zu seinen Schwestern familiär benachteiligt. Sonstige besondere Tatmotive sind nicht ersichtlich.

 

Die intensiven polizeilichen Ermittlungen der Soko „Familie“ der Polizeidirektion Göppingen haben überdies ergeben, dass die beiden Angeschuldigten seit Sommer 2007 gemeinschaftlich zahlreiche Einbruchsdiebstähle begangen haben. Die Anklage legt ihnen deshalb auch zur Last, bereits im Sommer 2007 in eine Eislinger Schule eingebrochen zu sein und dort einen PC sowie einen Beamer entwendet zu haben. Diesen PC sollen sie am Abend des 9. April 2009 in einen Bach in Eislingen geworfen haben, um eine Entdeckung dieses Diebstahls im Verlauf der erwarteten polizeilichen Ermittlungen wegen der von ihnen geplanten Morde zu verhindern. Gleichfalls im Sommer 2007 sollen sie noch zwei Mal in das  Vereinsheim eines Eislinger Sportvereins sowie im Herbst 2008 in einen Eislinger Supermarkt eingebrochen sein, wobei sie wenige hundert Euro Bargeld und alkoholische Getränke erbeuteten. In der Zeit von 4. bis 10. Oktober 2008 seien sie schließlich in das Vereinsheim der Schützengilde Eislingen eingebrochen, wo sie neben 17 groß- und kleinkalibrigen Kurz- und Langwaffen unter anderem auch die beiden späteren Tatwaffen sowie etwa 1.700 Schuss Munition entwendeten. Außer den Tatwaffen und einer weiteren Pistole, welche im Erddepot deponiert waren, konnten die Ermittler aufgrund eines Hinweises des 19-Jährigen die übrigen entwendeten Waffen mitsamt Munition versteckt auf einem Dachboden eines Eislinger Gebäudes auffinden.

 

Der 19 Jahre alte Angeschuldigte räumt seine Beteiligung an den Tötungsdelikten und an den Einbruchsdiebstählen ein. Sein 18-jähriger Mitangeschuldigter machte bislang bei der Polizei keine Angaben, gab jedoch gegenüber einem Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt, der keiner Schweigepflicht unterliegt, seine Tatbeteiligung gleichfalls zu. Er bestreitet jedoch, selbst geschossen zu haben.

 

Beide Angeschuldigten sind nicht vorbestraft und befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Zur Feststellung des Entwicklungsstandes der beiden Angeschuldigten, zur Frage einer eventuell verminderten Schuldfähigkeit sowie zur Abklärung der Voraussetzungen einer ggf. vorzubehaltenden Sicherungsverwahrung hat die Staatsanwaltschaft Ulm einen psychiatrischen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Zwecks Beschleunigung des Strafverfahrens, bei dem Untersuchungshaft gegen Heranwachsende vollzogen wird und deshalb von Verfassung wegen eine besonders beschleunigte Bearbeitung geboten ist, wurde dieser Tage bereits Anklage zur Jugendkammer des Landgerichts Ulm erhoben. Das Sachverständigengutachten wird dann nach Eingang dem Gericht nachgereicht werden.

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